Wenn ich auf eine queere Party gehe, wünsche ich mir in einen Raum zu gelangen, der frei von Vorurteilen und Stereotypen ist, aber überraschenderweise ist der Hauch des Patriarchats auf queeren Partys oft stärker als außerhalb zu spüren.
Solange ich mich erinnern kann, habe ich es geliebt zu feiern. Als ich ungefähr fünfzehn war, habe ich es irgendwie geschafft, mich in den einzigen Nachtclub meiner kleinen Heimatstadt zu schleichen und einen Flachmann Vodka in meiner Unterhose hineinzuschmuggeln, der für einen Teenager und für eine Nacht reichte. Dann gab es noch die Clubs in der Hauptstadt, die pompöser und weniger aggressiv waren, aber dennoch kein freundlicheres Publikum hatten. Es waren Orte des Massenkonsums, und es ist für mich jetzt sehr amüsant, mir vorzustellen, wie meine Anwesenheit dort von außen ausgesehen haben muss. Natürlich verhielt ich mich so diskret wie möglich und hielt immer ein Dutzend "Geschichten" bereit, die ich im Fall von Konflikten einsetzen könnte. Im Großen und Ganzen unterschied sich ein Gang in den Club nicht viel von einem Gang zur Bank oder zur Uni. Abgesehen vom Ausmaß des Rausches, der gerade ein gewisses Maß an Spaß mit sich brachte, aber gleichzeitig auch die Risiken erhöhte. Schließlich handelte es sich beim Club um ein für nicht normatives Verhalten maximal unvorbereiteten Raum. Ich kannte jedoch keine Alternative zu solch einem Nachtleben und war daher (mal mehr mal weniger) mit dem zufrieden, was ich hatte.
Dank der Underground DIY-Raves (Do It Yourself. Anm. d. Red.) hat sich mein Horizont zum ersten Mal spürbar erweitert. Es handelte sich um einmalige Open Air-Veranstaltungen in Wäldern, verlassenen Fabriken, Militärbunkern, bei denen Fans härterer Electro-Genres, die sich in verschiedenen Formationen, den sogenannten Soundsystems, zusammenschlossen. Sie schleppten ihren Sound an, sorgten für minimale Beleuchtung, schalteten einen Generator ein, und die Party konnte beginnen. Infos über solche Veranstaltungen wurden an einen begrenzten Kreis von Gleichgesinnten per E-Mail verschickt und dann durch Mundpropaganda verbreitet, aber wenn es sich nicht gerade um ein Festival handelte, gelangten selten mehr als 100 Personen mit Karte durch die Dunkelheit des Waldes zum Ziel, was die Atmosphäre einer sehr geschlossenen Veranstaltung und ein Gefühl der Zugehörigkeit erzeugte.
© Gleb Kovalsky
Mein erster Rave war überwältigend. Ohne das Zutun von irgendwelchen Substanzen, fühlte ich, dass ich unwiderruflich aus der realen Welt gefallen war. Es gab eine Menge seltsam und schön aussehender Menschen, speedcore, der in einem Augenblick alle meine bisherigen Gedanken aus dem Kopf rammte und die gesamte Außenwelt abschnitt, in der man nur ein paar Stunden zuvor existiert hatte. Die Wände des unterirdischen Bunkers waren mit rotem Licht geflutet, und draußen: Dunkelheit und absolute Stille des nächtlichen Waldes, wenn man nur zwanzig Meter vom Bunker wegging. In allem war Magie zu spüren, was alle Anwesenden bemerkten. Man teilte seine Gefühle mit Fremden, was für mich ebenfalls sehr ungewöhnlich war und mich angenehm überraschte und allem, was geschah, etwas Märchenhaftes verlieh. Das wurde zum Wendepunkt, als ich erkannte, wie eine Party aussehen könnte, und zum Bezugspunkt für meine Suche nach dem perfekten Raum für das Nachtleben.
Zwei Jahre war ich in den Wäldern unterwegs. Zusammen mit der Einladung verschickten die Organisator*innen einiger dieser Raves oft eine Art Regel nach der traditionellen Rave-Vorlage mit einer Liste von "Neins". Ich war ein wenig überrascht, dass diese Liste manchmal z. B. keinen Rassismus, aber nicht keine Homophobie enthielt. War das vielleicht der Grund, warum ich noch nie Anzeichen von Rassismus bemerkt habe (was nicht heißt, dass es keine gab), was bei offen homofeindlichem Verhalten nicht der Fall war? Oder hatten die Organisatoren selbst eine bestimmte Position gegenüber bestimmten Arten von Diskriminierung? Auf jeden Fall, so magisch meine ersten Waldraves auch waren, nach ein paar nicht ganz gelungenen Veranstaltungen fühlte ich mich in einer Art von "GEGEN" Gemeinschaft. Das heißt, es war eine sehr radikale Alternative zum bestehenden städtischen Clubraum, aber nach meinem sehr eindringlichem Empfinden, ging es sehr stark gegen das bestehende System, aber nicht wirklich darum, FÜR etwas Allgemeines (oder FÜR etwas Persönliches von mir?) zu sein. Und so gab es in dieser GEGEN Bewegung Menschen mit allen möglichen Werten, die weder früher noch jetzt meine Sympathie erwecken, wobei einige von den Einstellungen absolut inakzeptabel sind.
Ich beschloss, meine nächtlichen Streifzüge durch die Wälder zu lassen, und so kam es, dass in dieser Zeit plötzlich eine alternative urbane Szene mit neuen alternativen Räumen, Menschen und Ideen wieder auflebte, von denen ich das Gefühl hatte, dass sie einfach mehr FÜR etwas waren als GEGEN etwas. Bei Techno, der wieder in den Vordergrund gerückt ist, ist es unvermeidlich, da er eine ganz bestimmte Geschichte und Kultur in sich trägt, mit der man schwerlich nicht rechnen kann, wo immer er gespielt wird. Raves sind erreichbarer geworden, zumindest territorial, technisch leistungsfähiger und um ein Vielfaches besser besucht.
© Gleb Kovalsky
Die Organisator*innen zogen es vor, keine politischen Erklärungen und Manifeste zu veröffentlichen, wie sie für klassische Raves typisch sind, um, so wie ich es verstehe, nicht zu viel Aufmerksamkeit der Behörden auf sich zu ziehen und die potenziellen Besucher nicht abzuschrecken, in der Hoffnung, dass das Genre selbst den Menschen bestimmte Verhaltensstandards vorschreibt. Und das Genre hat sich in der Tat ganz gut geschlagen. Im Großen und Ganzen herrschte bei den ersten großen Techno-Veranstaltungen* wirklich eine sehr angenehme Atmosphäre, obwohl es ein sehr durchgemischtes Publikum war. Ich denke, die angenehme Atmosphäre wurde durch die Tatsache aufrechterhalten, dass es den Organisator*innen gelungen ist, den Großteil der Raver aus den jungen Männern und Frauen zu rekrutieren, die zu Hause gesessen und auf ein solches Format gewartet haben. Aus Menschen mit einem bestimmten kulturellen Hintergrund, mit ziemlich liberalen Werten, die sich sowohl in der Einstellung zu anderen als auch in ihrem Verhalten manifestierten, und sich durch ihr physisches Auftreten oft ziemlich vom Mainstream-Look unterschieden. Daher fühlten sich alle anderen auf die eine oder andere Weise als Minderheit, und wenn eine Person jemand anders zwingen wollte, sich für ihr Outfit oder Gender zu rechtfertigen, wollte diese einfach nicht in einer fremden Umgebung auffallen.
Wenn ich von Sicherheit spreche, dann bestand sie damals in meinem Verständnis von "Ich werde hier höchstwahrscheinlich nicht umgebracht". Das heißt, wenn ich von Gedanken an die Gefahr für mein Leben und Gesundheit in diesem Raum umschalten und versuchen konnte, die Musik zu genießen, dann habe ich den Raum bereits als angenehm empfunden.
Das Gefühl des freiheitlichen und unzensierten Selbstausdrucks verstärkte sich mit dem Wiederaufleben der urbanen Techno-Szene noch mehr. Schließlich und unwiderruflich erweiterte sich mein Begriff von Sicherheit auf damals undenkbare Ausmaße, als ich anfing zu reisen und Techno-Partys in verschiedenen europäischen Städten zu besuchen. Was mich natürlich am meisten umgehauen hat und mir die Augen dafür geöffnet hat, wie man Party macht, war Berlin.
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Auf meine erste Party in Berlin ging ich an einem Sonntagnachmittag. Etwa hundert Kerle in Jockstraps, Frauen oft oben ohne, jeden Alters und jeder Couleur, brutale bärtige Diven in Stilettos und bescheidener aussehende Leute, die aber nicht weniger zufrieden mit dieser wundervollen Möglichkeit des sonntäglichen Zeitvertriebs waren, lungerten unter der mittäglichen Maisonne am Fluss im Garten einer ehemaligen Nudelfabrik. Auf der Terrasse, wo House lief, schufen fünfzig weitere Hedonisten eine Atmosphäre, als wäre morgen nicht nur kein Montag, sondern als würde das nie zu Ende sein und das Leben nun jeden Tag so aussehen - ein endloses Fest der Sonnenstrahlen und des Moments im hier und jetzt.
Als die Nacht hereinbrach, begannen alle, sich in das Gebäude zu bewegen. Die ganze Nacht hindurch versuchte ich, nach einer kurzen Verschnaufpause auf der Haupt-Techno-Tanzfläche, alle Hallen und Ecken zu erkunden, die mir zu diesem Zeitpunkt unzählig vorkamen. Die fast völlige Abwesenheit von Licht machte es mir nur möglich zu erspüren, was um mich herum geschah. Und es war nicht schwer, es zu spüren, denn Sex fand praktisch überall statt. Auf der Tanzfläche, über der Tanzfläche, in der Nähe der Tanzfläche. Aber der Sex war so harmonisch in die allgemeine Atmosphäre der Party integriert, dass er nicht störte, vielmehr hätte er, wenn er nicht da gewesen wäre, wie überall sonst auch, ein gewisses Unbehagen und ein Gefühl des Fehlens von etwas verursacht. Und, wohlgemerkt, es war keine Sex-Party, also war es völlig in Ordnung, wenn neben dir zwei schweißtriefende Kerle Oralsex hatten und du währenddessen getanzt hast. Und vice versa. Niemand war zu etwas verpflichtet, jeder hatte Spaß und tat das, was er in diesem Moment am meisten mochte, ohne sich in den eigenen Wünschen und ihrer Erfüllung zurückzuhalten.
Dann gab es andere Clubs und andere Partys, die sich in den Nuancen des Techno, der Vorrangigkeit dieses oder jenes Publikums unterschieden, aber ein unveränderlicher Bestandteil jeder Party in Berlin blieb das Gefühl grenzenloser Freiheit und Selbstausdrucks. Doch mit der Zeit begann das magische Schloss, dem Auge immer mehr und mehr vertraut, zu bröckeln. Nachdem ich den Zustand der Euphorie, in dem ich mich wahrscheinlich in den ersten beiden Jahren meiner Berlin-Besuche befand, durchlaufen hatte, konnte ich mir eine gewisse vorläufige Nüchternheit leisten, um die Einzelheiten des Geschehens zu betrachten, die nach und nach aus diesem Schloss zu fallen begannen.
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Die Berliner Partys, auf denen ich war, benutzen nicht die Vorsilbe "queer". Weil sie a priori queer sind. Das ist offensichtlich an der Symbolik, die sie in ihren Promos verwenden, an ihren Einladungstexten, an ihren Regeln, wo die ersten Punkte die strikte Nicht-Akzeptanz jeglicher Form von Diskriminierung sind (und alle Gruppen aufgelistet sind, und nicht nur zusammengefasst) und das ausdrückliche Willkommenheißen für Schwule, Queers, Trans und so weiter auf der Liste. Eben auf dieser Tatsache aufbauend, erlaube ich mir, meine Kritik zu formulieren.
Ich möchte meine letzte Party in Berlin beschreiben, weil diese Erfahrung am frischesten in meiner Erinnerung ist und sie sich in einigen Aspekten, die ich anspreche, nicht sehr von meinen früheren Erfahrungen unterscheidet.
Es geht um ein unter den open-minded people sehr bekanntes Happening, das einmal im Monat stattfindet und stark linkslastig ist. Ich wollte schon lange dorthin gehen, obwohl ich nicht erwartete, etwas grundlegend anderes zu sehen als das, was ich bereits gesehen hatte. In der Tat hat sich das genau so auch herausgestellt.
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Ich liebe diesen Übergang: Man steht nachts in irgendeiner Straße im Industriegebiet ziemlich lange zwischen Fabriken an, friert, die Schlange schweigt, und wenn ein Türsteher dir mit etwas Glück signalisiert, dass du reingehen kannst, gehst du einfach an einer Wand vorbei und findest dich in einem lauten, heißen, schweißgetränkten Raum wieder, in dem ein ganz anderes Leben brodelt als das, aus dem du vor einer Minute gekommen bist.
Also... Wer ist es denn, der uns hinter den Pforten dieser nächtlichen Insel der Freiheit und des Hedonismus begegnet? Dutzende athletisch gebaute, hellhäutige Kerle, die lässig Smalltalk halten und ebenso lässig die hervorstehenden Teile ihrer stattlichen Körper aneinanderreiben. Diese gutaussehenden Typen werden nicht nur in diesem Gang, sondern auf der ganzen Party und auf allen anderen ähnlichen Partys immer in der Überzahl sein. Regt mich das auf? Noch nicht, denn es gibt nur wenige Orte, an denen man so viele gutaussehende Typen auf einmal trifft, obwohl sie fast alle nur ein Spektrum dessen abdecken, worauf ich stehe. Fühle ich mich etwa ein wenig unwohl, weil ich mich sichtlich von ihnen unterscheide? Ja. Müsste ich mich unwohl fühlen, kaum dass ich eine queere Party betrete, auf der ich mich mindestens vierundzwanzig Stunden lang amüsieren werde? Ich bin mir nicht sicher. Aber das ist mein Problem. So wie alle anderen Probleme auch.
Oder ist es doch nicht nur mein Problem?
Ich trage Jocks, ein kurzes Netzkleid und Stiefel mit einem 15-cm-Plateau. Mein Haar ist offen. Ich mag es, wie ich aussehe, und das erhöht spürbar meine Chancen, mich in dieser Nacht cool zu fühlen. Durch die Menge bahne ich mir einen Weg näher zur DJ, damit ich eine Position in der Nähe der Hauptschallquelle einnehmen und mich darin verlieren kann, aber das gelingt mir nicht auf Anhieb, also drehe ich mich zur Seite, um mich der Tanzfläche zuzuwenden, und versuche, meine Augen so diskret und unauffällig wie möglich darüber gleiten zu lassen, um die Energie der euphorisch tanzenden Menschen aufzunehmen und mich auf die allgemeine Wellenlänge einzustimmen. Aber es scheint, dass ich das nicht hätte tun sollen.
Wenn ich mir die Menschenmenge genauer ansehe, sehe ich nur zwei, drei Frauen oder Personen mit einem gewissen Grad an nach außen getragener Weiblichkeit, die sich unter den hundert aufgeheizten Männchen verlieren. Die Ansicht ist in ihrer Totalität überwältigend, wenn man von hinter einer Glasscheibe aus schaut. Wenn ich mich aber mitten in diesem Kessel der Männlichkeit befinde, fange ich an mich unwillkürlich überflüssig zu fühlen. Es ist ziemlich blöd, weil sie sich kaum für mich interessieren, und ich könnte einfach in die Musik eintauchen und vergessen, wo ich bin, aber, verdammt, was ich von Raves erwarte, besonders von queeren Raves, ist nicht Befremdung, sondern das Gefühl von Verbundenheit, das die Rave-Beteiligten aus der ursprünglichen Kultur verband, die alle Anwesenden an das grundlegende menschliche Bedürfnis nach anderen Menschen erinnerte. Ja, manchmal kann ich auf Partys tief in mich gehen, wozu Techno nur noch mehr beiträgt, aber auf Raves passiert das gerade dadurch, dass ich mit vielen Gleichgesinnten zusammen bin, die für die Nacht fast zu meiner Familie werden, und ich mich deshalb absolut sicher fühle.
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Irgendwann schaffe ich es, mich zu entspannen, und verbringe etwa drei Stunden auf der Tanzfläche, gebe mich der Musik hin, öffne ab und zu die Augen, um meine Freunde zu sehen und zu prüfen, ob ich nicht zu weit vom Boden abgehoben bin. Ermüdet vom Tanzen am nächsten Morgen, rauche ich mit einer Freundin unweit des Darkrooms. Sex, der innerhalb der standardmäßig sex-positiven queeren Partys in Berlin nicht unerwähnt bleiben darf, ist ein weiteres deutliches Beispiel für Exklusion, für die Dominanz der in der Außenwelt gewohnten Normen mit patriarchalischem Beigeschmack.
Ich beobachte, wie die gutaussehenden Männer (natürlich rein männlichen aussehend) wie auf einem Fließband durch den massiven Vorhang in den lichtlosen Raum hinein- und wieder herausgehen. Ich fange an, sie anhand ihrer Gesichter zu unterscheiden, was unerwartet ist, da sie alle, besonders im Halbdunkeln, ziemlich gleich aussehen: zwangsläufig weiß, mit nacktem Oberkörper, meist brünett, meist mit einem Bart. Ich sehe, wie sie ihre Sexpartner wechseln, alle - wie Zwillinge, und wie sie vor meinen Augen auf und ab flackern, hineingehen, hinausgehen, wieder hineingehen; es scheint, als ob nichts auf der Welt diese Kette jemals unterbrechen wird. Irgendwann war uns auch mal nach einem Tapetenwechsel, und als wir in die Dunkelheit eintraten, hörte meine Begleiterin einen Typen sagen, dass hier kein Platz für Frauen sei (seltsam, dass es nicht an mich adressiert war). Ja, vielleicht war es nur irgendein Arschloch, und die Situation untypisch für diesen Ort, wie mir meine Freunde später versicherten, aber in Kombination mit meinem Eindruck der sich dem Ende zuneigenden Nacht, war es too much.
Ich erinnere mich an eine andere Party. Es war ein Sonntagabend, noch hell. Vor meiner letzten Nacht in Berlin sammelte ich Kraft, während ich zusah, wie sich der Raum mit Menschen füllte, die erst kurz vor der Nacht auf Montag ankamen. Das Bild war eher dürftig, aber in "bester" Tradition: It's raining man. Und dann betreten vier spektakuläre Dragqueens auf eine grandiose Weise und als wäre es das Finale von RuPaul's Drag Racedas Clubgelände. Und ich begreife, wie sehr dieses Puzzle Stück diesem Raum fehlte, aber gleichzeitig sehe ich den Blick voller Verachtung und Ekel, den eine große Schar ebenso für dieses Setting typischer Kerle zu den Queens geworfen haben. Ja, das ist mein persönlicher Eindruck. Ja, auf diesen Blick folgten keine unerlaubten oder beleidigenden Handlungen, aber es fühlte sich an, als hätte man mir direkt ins Gesicht gespuckt, unabhängig davon, dass ich mit großem Abstand von ihnen in angenehmer Gesellschaft chillte.
© Gleb Kovalsky
Nun, Gleb, wozu überhaupt diese Maskerade?, denke ich nach der Party, die bei mir einen unangenehmen Nachgeschmack hinterlassen und eine Reihe von Fragen aufgeworfen hat. Wozu all diese Kleider? Wen wolltest du auf einer Queer Party provozieren? In der Tat, ich habe eine Weile lang nachgedacht und keine Logik in meinen Handlungen gefunden: auf eine queere Party in der freizügigsten, friendly Stadt zu gehen, wo ich mich einfach nur entspannen will, mir wieder all diese aufreizenden Fetzen umzuhängen, die ich jedes Mal wie eine Rüstung trage, um mit allen möglichen "Normen" und Stereotypen in den Krieg zu ziehen.
- Babe, im Ernst, gegen wen willst du in den Krieg ziehen? Wir sind doch unter uns.
- Das ist wahr... Obwohl, vielleicht nicht ganz? Vielleicht, wenn ich mich als fast einzige nicht männliche Person in einem Sam Browne im queeren Raum wiederfinde, haben meine Handlungen noch Sinn und Notwendigkeit?
- Das ist wahr... Obwohl, vielleicht nicht ganz? Vielleicht, wenn ich mich als fast einzige nicht männliche Person in einem Sam Browne im queeren Raum wiederfinde, haben meine Handlungen noch Sinn und Notwendigkeit?
Wenn ich auf einer Queer Party gehe, möchte ich einer traumatischen Realität entfliehen und mich in einem Raum wiederfinden, der frei von Vorurteilen und Stereotypen ist, sowie von den Bestrebungen anderer und manchmal sogar von meinem eigenen Wunsch, auferlegten gesellschaftlichen Normen zu folgen, insbesondere in Bezug auf Geschlecht und Sexualität. Doch überraschenderweise ist der Hauch des Patriarchats auf queeren Partys oft stärker als außerhalb zu spüren. Im Rave-Space verlieren die Menschen ihren sozialen Status, ihr Alter, ihr Geschlecht. Ihr visuelles Bild bleibt fast das Einzige, was in der Menge über sie spricht, es ist ihr Erkennungsmerkmal. Im gewissen Sinne ist es nicht nur ihre persönliche, sondern auch eine politische Aussage. Und wenn wir im gewöhnlichen Leben meist versuchen, das zu imitieren, was uns umgibt, dient der freundliche nächtliche Space uns als Ort, an dem wir sein können, wer wir sind oder wer wir heute sein wollen.
© Gleb Kovalsky
Und ich sage nicht, dass alle Männer dringend ein Kleid anziehen sollen, sondern dass es vielleicht eher eine gute Idee wäre, die Gelegenheit zu nutzen - und im Gegenteil - alles Überflüssige auszuziehen, diese Rüstung, diese Tarnung abzulegen, die wir jeden Tag benutzen müssen, um uns sicher zu fühlen? Und sehen, was es da draußen gibt, und das kann alles oder nichts sein. Und ja, vielleicht will man die eigene Brutalität noch mehr unterstreichen als im Alltag, aber kann man sich sicher sein, dass dieser Wunsch wirklich der eigene ist und nicht aufgezwungener Schein oder ein Rollenbild aus dem Fernseher?
In meiner idealen Welt stelle ich mir Partys im Grunde ohne Kleidung vor, um alles, was uns definieren würde, so weit wie möglich loszuwerden. Aber auch so bleiben wir mit unserer Hautfarbe, unseren Muskeln, unserem Fett und unseren Genitalien zurück. Um wirklich alles loszuwerden, wird es nicht einmal ausreichen, dass wir in Atome zerfallen, aber daran können wir noch nichts ändern. Zu meinem Bedauern setzen sich nur wenige Menschen ein solches Ziel.
Aber wenn ich davon spreche, alles auszuziehen, dann meine ich natürlich in erster Linie keine Klamotten, Andrew-Christian-Jocks oder Nike-Oberteile. Ich meine das Ablegen aller Konventionen, Hemmungen und Ängste, mit denen die Welt uns hinter diesen Mauern versorgt. Sich zu erlauben, sich selbst und die Menschen um uns herum so zu betrachten, wie sie sind, nicht durch das Prisma von Schönheitsstandards, Sexualität und anderen Vorgaben. Wie Soziologen durch Befragungen von Rave-Besuchern herausgefunden haben, empfinden die meisten von ihnen sich selbst und alle um sie herum als "authentisch", "echt". Ich empfinde das leider nicht so, obwohl ich es sehr gerne würde.
© Gleb Kovalsky
Jan, Berlin (pansexueller cis-Mann)
25 Jahre alt
- Erzähl mal, was ist für dich ein queerer Raum/Party? Mit welchen Zielen gehst du auf eine queere Party?
- Für mich ist es in erster Linie eine Möglichkeit, Spaß zu haben. Dazu gehören Geselligkeit, neue Leute kennenlernen, Musik, Tanzen und vielleicht noch etwas anderes. Das ist so ein spezifischer Mikrokosmos, eine Mikrogesellschaft, die nach ganz anderen Regeln funktioniert als das gewöhnliche gesellschaftliche Leben. Eines der Hauptziele ist es, in diese ungezwungene Atmosphäre mit Gleichgesinnten (oder so in etwa) einzutauchen, die sich auf die eine oder andere Weise gegenseitig mit einer besonderen Energie aufladen. Es ist eine einzigartige Möglichkeit, sich selbst als einen riesigen Teil von dem Geschehen, und gleichzeitig als etwas Kleines und Unscheinbares zu fühlen, das sich in jedem Moment nach Belieben in dem ganzen Chaos verlieren und auflösen könnte. Es ist wie eine Art Spiel für Erwachsene, bei dem man sich selbst besser kennenlernt, seine Wünsche, seine Ängste. In vielen Fällen handelt es sich um soziale Experimente an sich selbst und anderen, die dir helfen, mehr über die menschliche Psyche zu verstehen. Auf jeder Party gibt es neben dem sozialen Element auch ein ästhetisches Element. Ohne geht es gar nicht und es ist auf der gleichen Ebene wie das Soziale. Dazu gehören sowohl die Räumlichkeiten, die jedem zur Verfügung stehen, um den Raum nach Belieben in ein Chaos zu verwandeln, als auch die Musik, die zusammen mit den Besuchern die gesamte Atmosphäre ausmacht. Auch das Gefühl der absoluten Sicherheit ist nicht unwichtig. Ich denke nicht mehr viel darüber nach, aber es ist sehr angenehm, selten mit wertenden Blicken konfrontiert zu werden (vor allem, wenn man sich nicht sicher ist, ob das der Fall ist oder Zeit ist, nach Hause zu gehen). Ich finde es gut, dass ich nicht fotografieren darf und mir keine Sorgen machen muss, dass jemand anderes Bilder von mir macht, auf denen ich heldenhafte Dinge tue oder mein Gesicht alle Emotionen gleichzeitig ausdrückt. Es fühlt sich an, als ob alles, was im Club passiert, dort bleibt. Das schafft ein zusätzliches Gefühl von Freiheit und Befreiung. Auch wenn ich mich immer weniger durch mein Äußeres ausdrücke, ist es für mich immer noch irgendwie wichtig, dass ich mich an dem Ort, an den ich gehe, akzeptiert und verstanden fühle. Nicht unbedingt von jedem, das strebe ich auch nicht an, aber ich weiß immer, dass es dort Leute mit ähnlichen ästhetischen Vorlieben geben wird.
- Hast du dich jemals aus dem Kontext ausgeschlossen gefühlt, den du aufgesucht hast? Womit hing das zusammen?
- Ja, habe ich. Das passiert, wenn es einen Werte- oder Interessenskonflikt gibt. Nun, es gibt zum Beispiel Partys, die meist von sehr reifen Männern und sehr jungen Kerlen besucht werden, die gegenseitig aneinander interessiert sind. Daran bin ich nicht interessiert, und ich teile ihre Werte in der Regel auch nicht wirklich. Gleichzeitig bin ich auf eine seltsame Art und Weise noch stark von dieser Art von Suppe aus ästhetischer Sicht angewidert. Auf solchen Partys werden alle gern in einen homonormativen Rahmen gesteckt. Ich hatte zum Beispiel nie wirklich darüber nachgedacht, was für ein Typ Mensch ich bin. Und ich erinnere mich an diesen einen Ort, an dem sie mir von hinten "heißer Twink" zuriefen. Ich war mega schockiert. Auch das ist ein Interessenskonflikt, und in solchen Fällen fühle ich mich ausgeschlossen. Generell gesehen, weiß ich nicht, in welche Kategorie ich all die Partys verallgemeinern könnte, bei denen ich mich ausgeschlossen fühle, aber ich habe den Eindruck, dass fast alle Gäste dieser Partys an ein einziges bestimmtes Medium konsumieren, was sehr primitiv und langweilig ist.
- Glaubst du, dass das Nachtleben einen Einfluss auf das öffentliche Bewusstsein von Stereotypen und Vorurteilen in Bezug auf Geschlecht, Sexualität, etc. haben kann? Fällt dir ein Beispiel ein, bei dem das direkt oder indirekt der Fall war?
- Ich denke, bis zu einem gewissen Grad kann es das. Mir scheint, dass das Problembewusstsein eher zuerst kommt und daraus dann die Nachfrage nach queeren Partys erwächst. Das ist eine knifflige Frage. Das Nachtleben kann einige Stereotypen über Geschlecht und Sexualität entkräften (zum Beispiel fiel es mir früher schwer, Mastektomienarben von Transmännern im Darkroom zu sehen, weil ich daneben in einem hypersensiblen Zustand war, aber jetzt ist es total gewöhnlich für mich). Aber leider haben sich auch einige andere Stereotypen über Gruppen von Menschen gebildet, die vorher nicht da waren, die ich im normalen Leben nicht getroffen hatte, bevor ich regelmäßig auf queere Partys ging. Auf einer höheren Ebene glaube ich nicht, dass solche Partys etwas ändern, denn sie existieren für ein ziemlich eingeschränktes Publikum, das in derselben Suppe kocht. Für das breite Publikum sind selbst die Clubs ganz anders, auch in Berlin.
© Gleb Kovalsky
Yaroslav, Berlin (Schwuler cis-Mann)
32 Jahre alt
- Erzähl mal, was ist für dich ein queerer Raum/Party? Mit welchen Zielen gehst du auf eine queere Party?
- Safеr Space in erster Linie. Ein Raum und eine Zeit, in der man absolut so sein und sich verhalten kann, wie man will, ohne nachzudenken, ohne zurückzuschauen und ohne etwas zu filtern. Natürlich gibt es einige Verhaltensregeln, die aber in erster Linie darauf abzielen, den anderen Anwesenden das gleiche Maß an Freiheit und Wohlbefinden zu ermöglichen. Sich für eine Weile von sozialen Rollen, Masken befreien, oder die Möglichkeit andere anzuprobieren. "Urlaub" von der aktuellen Realität und den damit verbundenen Verpflichtungen, Schulden und Erwartungen Dritter. So als ob du bei Alice im Wunderland wärst, nur dass du nicht einmal Alice sein musst. Du kannst auch eine Raupe, die Rote Königin oder ein Baum sein.
Es sind die Menschen, die dort hingehen. Es ist eine absolut heterogene Mischung aus Geschlechtern, Berufen (außer vielleicht Elektriker - habe ich bis jetzt nicht getroffen), Alter (17-82), sozialem Status, Sprachen und geographischen Herkunftsorten, aber gleichzeitig mehr oder weniger homogen in ihren Ansichten, die durch einen Filter der Gesichtskontrolle geht und sich vor allem selbst reguliert. Das Selbstfiltersystem funktioniert hier übrigens so reibungslos, dass es praktisch unmöglich ist, im Inneren eine Person zu finden, neben der man sich ausgesprochen unwohl oder unsicher fühlen würde.
Es ist die Kommunikation. Ausgehend von all den vorangegangenen Punkten und der Tatsache, dass sich alle Beteiligten bis zu einem gewissen Grad in einen Zustand des gemeinsamen Sounds versetzen, kann man dort nicht allein bleiben, es sei denn, man will es so. Es stimmt zwar, dass diese Art von Kommunikation sich oft nicht für außerhalb der Party erstreckt, aber so ein Bedürfnis gibt es oft auch nicht. Es ist die Musik. Diesen Punkt hätte ich auch weglassen können, aber nur, weil jemand diese Arbeit für mich so gut erledigt, dass ich nicht einmal darüber nachdenken muss. In den letzten zweieinhalb Jahren habe ich mir nicht ein einziges Mal gezielt das Line-Up angesehen, bevor ich in einen Club gegangen bin. Wenn ich auf eine Party gehe, die ich kenne, auf der es zwei oder vier Tanzflächen und viele weitere Ecken (einschließlich des Darkrooms) gibt, kann ich normalerweise sicher sein, dass ich zu jeder Zeit Musik finde, die mir wirklich gut gefällt. Natürlich kenne ich ein paar DJs, deren Musik ich besonders mag, aber das ist nie ein Kriterium bei der Frage gewesen, ob man hingeht oder nicht.
© Gleb Kovalsky
- Hast du dich jemals aus dem Kontext ausgeschlossen gefühlt, den du aufgesucht hast? Womit hing das zusammen?
- Erst wollte ich nein sagen, aber dann fiel mir doch was ein. Das ist zweimal passiert, und beide Male waren wir in einem bekannten Gayclub in Berlin. Ich sollte gesondert betonen, dass bekannt nicht gleichbedeutend mit gut ist, zumindest aus meiner Sicht. Dort fühlte ich mich wirklich wenig verbunden mit der Atmosphäre, den Menschen und der Message, die von allem ausging, was so passierte.
- Glaubst du, dass das Nachtleben einen Einfluss auf das öffentliche Bewusstsein von Stereotypen und Vorurteilen in Bezug auf Geschlecht, Sexualität, etc. haben kann? Fällt dir ein Beispiel ein, bei dem das direkt oder indirekt der Fall war?
- Ich bezweifle es. Es könnte sogar neue generieren. Im Allgemeinen ist es ein in sich geschlossenes Produkt, und Menschen, die in keiner Weise mit dieser Szene verbunden sind, werden davon nicht in Sachen Stereotypen oder sonstigem beeinflusst. Aber in Sachen allgemeiner Toleranz und Offenheit für Neues und Anderes kann die Szene durch ihre Akteure eine Wirkung haben. Zum Beispiel sind die Stadtteile, in denen Szene-Leute am häufigsten wohnen, die offensten, buntesten und gleichzeitig frei von Vorurteilen. Natürlich ist dies ein wechselseitiger Prozess. Aber wenn deine nette Nachbarin Clara, die die ganze Woche deine Katze füttert und den Müll ordentlich sortiert, in ihren Stiefeln und spezifischen Klamotten das Haus für ein ganzes Wochenende verlässt und am Montag mit einem "schwarzen" Gesicht zurückkommt, weißt du, dass sie immer noch die gleiche nette Person ist, nur mit einem bestimmten Hobby.
© Gleb Kovalsky
Olezha, Minsk (pansexuelle:r Genderqueer)
24 Jahre alt
- Erzähl mal, was ist für dich ein queerer Raum/Party? Mit welchen Zielen gehst du auf eine queere Party?
- Queere Partys sind für mich eine Gelegenheit, all die Dinge zu bekommen, die ich in meinem sozialen Leben sonst nicht bekomme. Es ist ein Zusammentreffen mit langjährigen Bekannten, die sich wie eine Familie anfühlen, es ist Tanzen, es ist Musik, es sind die Gespräche im Raucherbereich, es ist ein Raum, in dem ich meinen unwiderstehlichen und vibrierenden Anteil ausführen kann, und es ist eine Performance und eine Modenschau. Es gibt auch eine Art Intrige und die ständige Erwartung, jemand Neues und Interessantes zu treffen. Manchmal gibt es das Ziel für die Party - ich will mit jemandem weggehen, den ich nicht kenne, und Sex mit ihm haben. Manchmal kann es sein, dass ich mit jemandem leidenschaftlich rummachen will, der hübsch und nett ist. Ich denke, die letzten beiden Ziele sind immer gedanklich im Hintergrund mit unterschiedlicher Intensität. Es geht um die Grundbedürfnisse nach Liebe und Lust und Freude im Leben.
- Hast du dich jemals aus dem Kontext ausgeschlossen gefühlt, den du aufgesucht hast? Womit hing das zusammen?
- Ich fühle mich fast immer aus dem Kontext ausgeschlossen, außer wenn ich in der Nähe meiner Freunde bin, und selbst dann nicht immer. Ich stoße auf eine Mauer des Unverständnisses, auf eine Wahrnehmung meiner selbst als andersartig. Sehr, sehr selten ist es anders - wenn ein:e Fremde:r plötzlich Offenheit und Interesse ausstrahlt. Früher dachte ich, es hätte etwas mit der Kleidung oder dem Auftreten zu tun, das ich gelegentlich wähle, aber jetzt empfinde ich es eher als einen allgemeinen Eindruck, den ich hinterlasse. Eine Zeit lang war ich davon überzeugt, dass es in Ordnung ist, Aufmerksamkeit, Kuscheln oder Sex wegen bestimmter Eigenschaften abgelehnt zu bekommen, an die sich die Leute klammern - und ja, im Allgemeinen ist es wirklich in Ordnung, alle haben ihre Vorlieben. Aber dennoch lässt mich die schiere Häufigkeit dieser Ablehnungen und Ausschlüsse aus dem Kontext einen kritischen Blick darauf werfen, was vor sich geht. Unsere Kultur ist hierarchisch, und das beeinflusst unsere Vorlieben. Das Problem liegt also nicht so sehr in den Menschen, sondern wie Macht und Einfluss zwischen ihnen verteilt sind. Indem einige Menschen mehr Macht haben, schaffen sie den Kontext, aus dem andere dann Vorlieben entwickeln. Und alles was mir übrig bleibt, ist diese Situation zu akzeptieren. Zu akzeptieren, dass ich in dieser Kultur aufgrund einiger Merkmale meines Körpers und meiner Persönlichkeit eines vollwertigen sozialen, sexuellen und romantischen Lebens, das ich gerne hätte, beraubt werde, dass meine Möglichkeiten eingeschränkt sind.
- Was könnte deiner Meinung nach, den Space für dich sicherer machen?
- Ich denke, es sollte eine Party von Außerirdischen sein, die nicht in unserer Kultur gelebt haben. Denn unsere weiße Hetero-Kultur ist voll von Frauenfeindlichkeit, Rassismus und anderen Vorurteilen und Neigungen, und die sind viel weitreichender und tiefgreifender als uns bewusst ist. Sie kann nicht einfach ausgeschaltet werden. Sie ist in jedem Molekül von dem, was uns umgibt. Ich schätze, wenn sich das ändern würde, würde sich das Verständnis der Menschen von der Norm erweitern, es würde sich mehr auf ihre Gefühle, Interessen und das Wohlwollen für andere Menschen beziehen, anstatt auf geformte und tief verwurzelte Stereotype.
- Versuch dir den perfekten Raum für ein Nachtleben vorzustellen.
- Es ist ein Raum, in dem es Platz für eine andere Sexualität gibt, in dem sie, so völlig anders, nicht nur mit dem Schwanz wedeln und Beifall ernten, sondern auch Begehrlichkeiten wecken kann. Es ist ein Raum, in dem sich Menschen für neue und interessante Dinge begeistern. Warum sonst sollte man sie überhaupt brauchen, diese Sexualität? Warum verteidigen wir so sehr die Vielfalt und rufen auf offen zu sein, wenn in Wirklichkeit alles, was sie bringt, Ausgrenzung und Einsamkeit ist? Wenn es in der Gesellschaft Respekt und Akzeptanz für andere Menschen gibt, die anders sind als man selbst, wenn es diese "Norm" nicht gibt, gibt es mehr Liebe und Lust. Aber solange die Abneigung dominiert, gibt es nicht viel Liebe. Das bedeutet, dass wir auch nicht erwarten sollten als Queers glücklich zu sein: "Sei froh, dass du deinen Freundeskreis gefunden hast, mit dem du dich betrinken kannst und der dich nicht bittet, dich umzuziehen oder deinen Kopf in eine Tüte zu stecken". Und man sollte sich überhaupt mega glücklich schätzen, wenn man zufällig einen Partner trifft, der genau weiß, wer man ist und mit dir Sex haben wird, und nicht nur nach den intimen Fotos urteilt, auf denen man versucht hat, sich so weit wie möglich in die Norm der Weiblichkeit oder Männlichkeit einzufügen. Naja, oder man muss "nicht immer" eine queere Person sein, dann steigen natürlich auch die Chancen auf Gegenseitigkeit. Für mich ist dieser Preis zu hoch.
Welchen Sinn hat es, eine andere Sexualität auszuleben, wenn kein Verlangen danach besteht? Es ist dann keine Sexualität, es ist wie bei der Kunst, die da ist, die allen schätzen, die aber keine Gefühle weckt. Es ist dann nur ein hübsches Bild. Also ja. Der Schlüssel für mich ist, die Kultur außerhalb von Partys zu ändern, dann werden die Partys an sich cooler. Und ich wünsche mir, dass es mehr nicht-normative Menschen gibt, vor allem solche, die sich jetzt zurücklehnen und sagen "Partys sind nicht mein Ding". Ich vermisse zum Beispiel Menschen mit Erfahrung von Behinderung und viele andere.